Heute ist der ganze Golf von Neapel eingeklemmt zwischen noch immer strahlender göttlicher Schönheit und satanischen Gefahren, die sowohl von der Natur als vor allen Dingen auch vom Menschen ausgehen. E wäre irreführend, nur von der Herrlichkeit zu schwärmen, die es – immer noch – in Überfülle an diesem Golf gibt. Panoramen von unvergesslicher Eindrücklichkeit, wenn man mit dem Boot in den Golf hinausfährt oder auf den schmalen Straßen dem Verlauf der Küste am Golf und der Halbinsel von Sorrent folgt.
Die Harmonie von grandioser Landschaft und einer überwältigend reichhaltigen, drei Jahrtausende umspannenden Architektur. Der prächtige Zusammenklang der Farben von Himmel und Meer, der Kontrast von jähen Festabbrüchen und üppiger Vegetation, aber auch die herbe Disharmonie der Düfte von Zitronen und Orangenbäumen, die sich gegen den ständig zunehmenden Autoabgasgestank zu behaupten wissen.
Dieser Inbegriff des sonnigen Südens leidet an seiner Umweltverschmutzung, seiner immer bedrohlicher werdenden Kriminalität, dem schleichenden Verfall. Aber mutig, fast trotzig ist und bleibt der Golf von Neapel, was er schon für Goethe und zahllose andere Reisende war: ein Traum !
Wenn man mit der Offenherzigkeit kommt, mit der man hier empfangen wird, wird es einen nicht enttäuschen. Es gibt nicht viele so markante Panoramen wie das von Neapel vor den Hängen des Vesuvs. Neapel, das bedeutet heute ein ebenso schönes wir bedrohtes Umfeld für bedeutende Schätze der Kulturgeschichte, etwa in der barocken Kapelle Sansevero in Neapel.
Ebenso bedeutet es einen bunten Kontrast von Moderne und Ursprünglichkeit: die Fischernetze im Hafen stehen für einen uralten Erwerbszweig, die gemütliche Herrenrunde ist Ausdruck einer Gesellschaft in der die Frauen das Haus beherrschen und die Männer die Straße. In der Umgebung stößt man zudem überall auf versteckte Schönheiten, zum Beispiel den Innenhof der Casa Rossi in Anacapri auf der Insel Capri.