Bis vor wenigen Jahren kannte man Litauen, Lettland und Estland nur als gleichgeschaltete Unionsrepubliken einer riesigen Sowjetunion. Dies änderte sich mit der Unabhängigkeit der baltischen Länder im Jahre 1991 grundlegend. Das Baltikum ist im Begriff, seine angestammte Rolle als Drehscheibe zwischen Westeuropa, Skandinavien und Russland neu zu besetzen. Dem Besucher eröffnet diese Region faszinierende Einblicke in eine abwechslungsreiche Landschaft in wenig bekannte Bereiche europäischer Kulturtradition.
Das Baltikum entdecken bedeutet, Mosaiksteine der Erinnerung an eine noch heil erscheinende Welt zu einem farbenprächtigen Bild zusammenzusetzen: zwischen meterhohen Sanddünen zu wandern, den sanft anrollenden Wellen zu lauschen, des „Meeres Tränen“ – Bernstein – aufzuspüren, heimkehrenden Fischern zuzusehen und frisch geräucherte Flundern zu genießen. Oder draußen auf dem Land Herrenhäuser des Adels, wuchtige Kreuzrıtterburgen und stattliche Gutshäuser mit ihrem Flair der Vergangenheit zu bewundern. In Städten wie Riga oder Tallinn durch enge Gassen mit Kopfsteinpflaster zu wandern, alte Patrizierhäuser und mittelalterliche Speicherhallen zu entdecken und das Flair hanseatischer Hafenstädte zu genießen.
Zwischen diesen Ballungsräumen liegen weite, noch völlig unberührte Naturlandschalten, stille Seen, ein Netz von Flüssen und Bächen – und immer wieder kilorneterlange Sandstrände.
Geduckte, bunt gestrichen Fischerhauschen setzen Farbakzente. Vor der Küste sind zahlreiche Inseln verstreut: große und kleine, weit draußen in der Rigaer Bucht gelegen, dünn besiedelt und mit Heidekraut bewachsen.
Menschenleer scheint die baltische Ostseeküste zu sein, vor allem im estnischen Norden bei Pernau (Pärnu). Doch dann ist Mittsommerfest auf der In sel Ösel (Saaremaa), und es zieht die Menschen in Scharen hinaus, zum Tanzen und Singen in alten Trachten. Immer wieder neue Überraschungen hat dieser Landstrich zu bieten, auch im russischen Königsberg (Kaliningrad) : Schätze wie die des Bernsteinmuseums – hier die Initialie von Preußenkönig Friedrich dem Großen – gibt es nur an der Ostsee. Der Alltag hier ist mühsam und armselig, vor allem auf dem Land. Vom Reichtum der Vergangenheit erzählt die üppige Fülle von Jugendstilhäusern im lettischen Riga.